zur Titelseite INFORMATIONEN ZUM NERVENSYSTEM
TEIL II: PATHOLOGIE
KRANKHEITEN DES RÜCKENMARKES

INHALT


KRANKHEITEN DES RÜCKENMARKES

Entwicklungsstörungen

Syringomyelie Syringobulbie
Definition (multiple) Höhlen im Bereich des Spinalkanals, z.T. bis Medulla oblongata (Syringobulbie)
Ursachen allmähliche Größenzunahme durch Schwerkraft, Zerstörung der vorderen Kommissur, Druck auf die graue Substanz
Klinik (segmental) Schmerzen, später dissoziierte Sensibilitätsstörung (Schmerz, Temperatur), dann Atrophie kleiner Handmuskeln, später der Arm- und Schultermuskeln, Armeigenreflexe schwach, Spastizität und Ataxie der unteren Extremitäten, Blasenstörungen, Horner-Syndrom
bei Synringobulbie: Symptome (Muskelatrophie, diss. Sensibilitätsstörung im Gesicht
bei lumbaler Lokalisation im Bereich der Beine
Befunde Nachweis der Höhlenbildung im MRT
Differential-
Diagnose
Rückenmarkstumoren, Bandscheibenschäden, Amyotrophe Lateralsklerose, Enzephalomyelitis disseminata
Verlauf und
Therapie
Wechsel von stabilem Verlauf und Progression, je nach Ausfällen Abwarten oder operative Therapie (Laminektomie und/oder Liquorableitung)
Komplikationen/
Therapie
neurogliale Heterotopien: Astrozytome: Operation
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Spina bifida
Definition Dysraphie im Bereich des Rückens (überwiegend lumbal):
Spina bifida occulta: fehlender Bogenschlußß des Wirbels, meist keine neurologischen Symptome (gel. lokale Hautveränderungen)
Spina bifida cystica: zystischer Vorfall des Rückenmarks (Meningozelen, Meningomyelozelen, häufig mit Hydrocephalus oder anderen Missbildungen)
Ursachen z.T. genetisch bedingt (erhöhtes Wiederholungsrisiko)
Klinik je nach Höhe: in Höhe der Läsion schlaffe Parese mit Anästhesie, unterhalb spatische Parese, Blasenentleerungsstörungen
Befunde sichtbarer Befund
Differential-
Diagnose
keine
Verlauf und
Therapie
lumbal: Frühoperation innerhalb von Stunden nach der Geburt
höhere Lage, zusätzliche Mißbildungen: eingeschränkte Operationsindikation
in jedem Fall: frühe Krankgengymnastik, ggf. orthopädische Versorgung
Komplikationen/
Therapie
(Früh-)Infektion, Kontrakturen
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Rückenmarkstrauma

HWS-Schleudertrauma
Definition Peitschenschlagverletzung
Ursachen Trauma mit Bewegung des Kopfes gegenüber dem Körper bis zum Zurückschlagen des Kopfes
Klinik freies Intervall, innerhalb von Tagen: Nacken-Hinterkopfschmerzen, Bewegungseinschränkung, Zervikobrachialgie
Befunde Bildgebung meist unauffällig
Differential-
Diagnose
keine
Verlauf und
Therapie
Schmerzmittel, kurzzeitig Halskrawatte
Komplikationen/
Therapie
Zerreißung der Arteria vertebralis mit Hirnstammischämie, Bandscheibenzerreißung, Wirbelverrenkung (Rö), Wirbelkörperfraktur
Luxationsfraktur (Querschnittsgefahr!): sofortige Stabilisierung beim Verdacht, vorsichtiger Transport in geeignetes Zentrum, ggf. operative Stabilisation
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traumatisches Querschnittssyndrom
Definition traumatische Läsion des Rückenmarkes mit querschnittförmigen Ausfallssymtomen
Ursachen direkte oder indirekte Verletzung im Bereich der Wirbelsäule bzw. des Rückenmarkes: Commotio spinalis, Contusio spinalis, Blutung, offene Verletzung, Luxationsfraktur
Klinik persistierende, zu- oder abnehmende Symptome in Abhängigkeit von der Läsionshöhe
hochzervikal: Tetraplegie, Atemlähmung, Kreislaufregulationsstörung
cervikal: Tetraplegie, Atmung eingeschränkt
thorakal: spatische Paraplegie, (oberhalb Th6): Darmlähmung
lumbal: schlaffe Paraparese
sacral: Konus-Kauda-Syndrom: schlaffe Paraparese, Reithosenanästhesie, Blasenmastdarmregulationsstörung
Konussyndrom: wie Konus-Kauda-Syndrom, Motorik oft intakt
bei vollständigem Querschnittssyndrom kann die Entwicklung der Spastik Tage bis Wochen dauern (Spinaler Schock), ebenfalls entwickelt sich eine Reflexblase
Babinski kann initial fehlen, Analreflex und Bulbocavernosusreflex fehlen
Befunde z.T. Verlagerungen, Frakturen, Blutungen in der Bildgebung (Rö, CT, MRT) erkennbar, nach Ende des spinalen Schocks Prognose mittels SSEP abzuschätzen
Differential-
Diagnose
bei vorhandener Anamnese ist nur mittels Diagnostik zwischen den verschiedenen Ursachen zu differenzieren
Verlauf und
Therapie
primär: stabile Lagerung bis zum Abschluß der Diagnostik
je nach Befund: Überwachung, operative Dekompression, hochdosierte Cortisongabe
Komplikationen/
Therapie
Kreislauf - und Temperaturegulationsstörungen auch bei tiefergelegenen Läsionen möglich, bei unsachgemäßer Lagerung Zunahme der Traumatisierung möglich
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Rückenmarksentzündungen

Poliomyelitis
Definition virale Infektionskrankheit
Ursachen Schmutz- Schmierinfektion bei fehlendem Impfschutz, 99% der Infektionen ohne klinische Symptome
Klinik Inkubation (5-35 Tage), Allgemeininfekt, freies Intervall (1-5 Tage), meningitisches Stadium (Fieber, gastrointestinale Symptome, Rückenschmerzen),
evt. wenige Tage später: Paralyse-Stadium: schlaffe, asymmetrische Paresen ohne sensible Ausfälle, im Reparationsstadium Rückbildung der Paresen, oft Defekte
Befunde schlaffe Paresen, Lymphozytenvermehrung im Liquor
Differential-
Diagnose
je nach Stadium: andere Virusinfekte, Guillain-Barré-Syndrom
Verlauf und
Therapie
oft spontane Besserung, meist unvollständig, symptomatscihe Therapie
Komplikationen/
Therapie
Post-Polio-Syndrom: nach jahr(zehnt)e langem stabilen Verlauf neue Lähmungen, Therapie ebenfalls symptomatisch
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Herpes zoster (Gürtelrose)
Definition Infektion durch Herpes zoster Virus
Ursachen Reaktivierung im Spinalganglion ruhender Viren (nach früherer Infektion - Windpocken) mit Entzündungsausbreitung entlang der Nervenfortsätze
Klinik auf ein oder mehrere Dermatome beschränkte Symptomatik in unterschiedlicher Reihenfolge auftretender Schmerzen und bläschenartiger Hautveränderungen (infektiös, Infizierte bekommen Windpocken)
Befunde neuralgieforme Schmerzen, typische Hauterscheinungen, Lymphozytenvermehrung im Liquor, spezifische Antikörper nachweisbar
Differential-
Diagnose
Ursachensuche notwendig: Hinweise für Abwehrschwäche?
Verlauf und
Therapie
frühzeitig hochdosiert Acyclovir, ggf. zusätzlich symptomatische Lokaltherapie
Komplikationen/
Therapie
(post-)herpetische Neuralgie: Carbamazepin, Phenytoin, Amitriptylin
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Durchblutungsstörungen, Arteria spinalis anterior Syndrom

Durchblutungsstörungen, Arteria spinalis anterior Syndrom
Definition vorübergehende oder permanente Minderdurchblutung des Rückenmarkes
Ursachen nahezu ausschließlich im vorderen Bereich (Arteria spinalis anterior) vorkommend
meist Kompression der Arterie infolge lokaler Enge durch Rückenmarkstumoren, Bandscheibenvorfälle oder bei knöchern engem Spinalkanal, gelegentlich auch durch Prozesse in der Aorta (Dissektion) oder den Vertebralarterien.
Ischämien oder Infarkte betreffen cervikal oft den gesamten Querschnitt, lumbal lediglich den vorderen Anteil
Klinik (Verlauf in Minuten bis Stunden): initial oft heftige, gürtelförmige Schmerzen oder Parästhesien, flüchtige Schwächen in Höhe der Läsion, dann dissoziierte Empfindungsstörung (Schmerz, Temperatur), anfangs schlaffe, dann spastische Paraparese, Blasen- und Mastdarmstörung
Befunde schwierige Diagnostik, im MRT evt. Infarkt(ödem)zone darstellbar, zusätzlich Untersuchung der Ursache (Enge)
Differential-
Diagnose
Rückenmarkstumoren, Syringomyelie, Bandscheibenvorfälle, Blutungen im Rückenmarksbereich, Rückenmarksentzündungen
Verlauf und
Therapie
bei Kompression frühzeitige Entlastung, Versuch mit Cortison
Komplikationen/
Therapie
bei verzögerter Therapie (inkomplettes) Querschnittsyndrom
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Rückenmarkstumoren

Rückenmarkstumoren, Tumoren im Bereich der WIrbelsäule
Definition Unkontrolliertes Wachstum von Zellen im Bereich oder in der Nachbarschaft des Spinalkanales
Ursachen Ursache von Tumorwachstum bislang bis auf Einzelfälle unbekannt
Formen: intramedullär: Gliome, extramedullär intradural: Neurinome, Meningeome, extradural: Metastasen
Klinik Verlauf: meist nur langsam progredienter Verlauf der Beschwerden, gel. akute Exacerbation, z.B. wie bei Durchblutungsstörungen, (Spinalis anterior Syndrom).
Schmerzen: entweder segmental lokal (Rücken) oder dem Versorgungsgebiet der entsprechenden Nervenwuzel entsprechend oder ausstrahlend in die Versorgungsgebiete der weiter unten liegenden Bereiche.
sensible Ausfälle: durch Verteilung der sensiblen Bahnen oft das Bild aufsteigender Sensibilitätsausfälle (Temperatur, Schmerz: vorne, Ataxie: hinten), allmählich bis zur Läsionshöhe aufsteigend
motorische Ausfälle: unterhalb: spatische, in Höhe der Läsion schlaffe Parese
vegetative Ausfälle: frühzeitig Blasenfunktionsstörung
intramedulläre Tumoren: sensible Ausfälle unspezifischer, wellenförmig, durch äußere Reize triggerbar, Spannungsgefühle
bei lateraler Lokalisation: Brown-Sequard-Syndrom
craniocervikaler Übergang: Nackensteife, Hirnnervenausfälle
cervikal: Hinterkopfschmerzen, Zwerchfellparese, Hornersyndrom
thorakal: Gürtelschmerz, Bauchmuskulaturschwäche, Th3-5: Anhidrose oberer Körperquadrant
lumbal: wichtigste Differentialdiagnose: Bandscheibenschaden
Befunde Rö: Destruktion von Wirbelkörpern
MRT, Myelographie, spinales CT: Demonstration der Strukuturveränderungen, der Einengung des Rückenmarkskanales
EMG/NLG: Nachweis pathologischer Veränderungen in Höhe der Läsion
MEP, SSEP: Nachweis der Schädigung langer Bahnen
Differential-
Diagnose
(häufig erst durch bildgebende Diagnostik sicher zu differenzieren)
Bandscheibenschaden, Durchblutungsstörungen, (Spinalis anterior Syndrom): Vorgeschichte, Verlauf
cervikal: Meningitis
epidurale Blutung: heftige Schmerzen
epiduraler Abszeß: häufig Infektionsparameter nachweisbar
Verlauf und
Therapie
Operation sollte wenn möglich angestrebt werden. Prognose von Neurinomen und Meningeomen am besten. Gliome oft nicht operativ zu versorgen, Metastasen deuten auf ein vorhandenes Fortschreiten des Ausgangstumors hin. Bei Wirbelkörperdestruktion häufig nur Bestrahlung möglich.
Komplikationen/
Therapie
Bei gutartigen Tumoren: plötzliches Querschnittssyndrom durch Größenzunahme (Einblutung, Ödem) oder Lageänderung des Tumors (Kompression, auch der Arteria spinalis anterior)
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Bandscheibenschaden
Definition Veränderungen des Bandscheibengewebes mit Verlagerung der Bandscheibe, meist nach hinten oider seitlich mit nachfolgender Kompression des Rückenmarkes oder der aus dem Rückenmark austretenden Nervenwurzeln
Ursachen falsche Belastung der Bandscheibe bei fehlerhafter Bewegung der Wirbelsäule, unzureichende muskuläre Unterstützung des die Bandscheibe sichernden Bandapparates
Klinik meist akut nach Dreh- oder Biegebelastung der Wirbelsäule auftretendes heftiges Schmerzsyndrom mit Ausstrahlung ins Versorgungsgebiet einer oder mehrerer Spinalwurzeln, gel. nur lokale Schmerzen (Rücken, gürtelförmig), zusätzlich schlaffe Lähmung der von der betroffenen Spinalwurzeln versorgten Muskulatur, insbesondere bei medialen Bandscheibenvorfällen (oberhalb dem 2. Lumbalsegment) außerdem spastische Lähmung der tiefergelegenen Muskulatur, Blasenfunktionsstörungen
Befunde Rö: Verschmälerung der betroffenen Zwischenwirbelräume, Nachweis von Randzackenbildung der Wirbelkörper (Spondylose)
MRT, CT: Demonstration der Raumforderung
EMG/NLG: Nachweis pathologischer Veränderungen in Höhe der Läsion
MEP, SSEP: Nachweis der Schädigung langer Bahnen
Differential-
Diagnose
(häufig erst durch bildgebende Diagnostik sicher zu differenzieren)
Rückenmarkstumoren, Durchblutungsstörungen, (Spinalis anterior Syndrom): Vorgeschichte, Verlauf
cervikal: Meningitis
epidurale Blutung: heftige Schmerzen
epiduraler Abszeß: häufig Infektionsparameter nachweisbar
Verlauf und
Therapie
Blasenentleerungsstörungen: sofortige bildgebende Diagnostik und Operation
Paresen: in Abhängigkeit vom Grad der Behinderung: bildgebende Diagnostik und Operation oder konservativer Therapieversuch mit Schonung, Schmerztherapie und physikalischer Therapie
Schmerzen: zunächst konservativer Therapieverscuh, falls nicht erfolgreich: bildgebende Diagnostik und ggf. Operation
Komplikationen/
Therapie
bei verzögerter Diagnostik (Blasenentleerungsstörungen, Lähmung): verzögerte oder unvollständige Rückbildung der Ausfälle
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Author: Dr.Schwicking
email: Dr.Schwicking@t-online.de