Dystonie |
Unter der Bezeichnung Dystonie finden sich auf den ersten Blick sehr
unterschiedliche Krankheitsbilder. Gemeinsam ist ihnen, daß die Betroffenen unter
unwillkürlichen Bewegungen / Muskelverkrampfungen leiden, die Ihnen entweder
komplexe Bewegungen unmöglich machen (Schreibkrampf, Musikerkrampf) oder die
spontan auftreten und zu irritierenden (Blinzeltick, Gilles de la Tourette-Syndrom)
oder schmerzhaften Fehlbewegungen und Fehlstellungen (Schiefhals) führen.
Zu Beginn ist die Erkrankung kaum von einem normalen Zwinkern zu unterscheiden.
Bisweilen kommt es zu durchaus freundlichen Reaktionen der Umgebung auf diese
vermeintliche Kontaktaufnahme. Mit der Zeit nimmt jedoch das Zwinkern krampfhafte
Formen an, zuletzt können die Augen kaum noch offengehalten werden, so daß es zu
echter Sehbehinderung (Fernsehen, Lesen, Autofahren) kommt und eine hochgradige
Beeinträchtigung des täglichen Lebens resultiert.
Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine meist langsame Drehung des Kopfes
zu einer Seite, meist kombiniert mit einer leichten Neigung des Kopfes. In anderen
Fällen kommt es zu einer Vorwärts- oder Rückwärtsneigung des gesamten Halses.
Gelegentlich ist das Bewegungsmuster auch ruckartig, es kommt zum Teil zu einem
Zittern (Tremor) der je nach Bewegungsmuster als Ja-Ja-, Nein-Nein- oder Ja-Nein-Tremor
bezeichnet wird. Die für die Bewegung verantwortlichen Muskeln verdicken sich
(Hypertrophie). Vorübergehend können die Betroffenen das Bewegungsmuster durch
bestimmte Gesten (Gèste antagoniste) kurzfristig unterbrechen - zu Beispiel, indem
sie eine Hand ans Kinn legen.
Die Symptomatik gleicht dem Blepharospasmus, nur daß das
Zwinkern einseitig verstärkt auftritt und meist mit einem heftigen Zucken des
gleichseitigen Mundwinkels einhergeht.
Während die Betroffenen in Ruhe oder bei vielen Tätigkeiten des täglichen Lebens
völlig unbeeinträchtigt erscheinen, kommt es bei komplexen Bewegungsmustern sehr
rasch zu einer schmerzhaften Verkrampfung ganzer Muskelgruppen, zum Beispiel der
gesamten Armmuskulatur oder aber auch der Lippen (z.B. Musikerkrampf bei
Blasinstrumenten). Da diese Form wie alle Formen der Dystonien bei Anspannung
verstärkt auftritt, wird sie anfangs oft als streßbedingte Verkrampfung, z.T. sogar
als Drückebergertum (Schreibkrampf bei schriftlicher Prüfung) fehlinterpretiert.
Beim Gilles de la Tourette-Syndrom kommt es zu unwillkürlichen, z.T. sehr
komplexen Lautäußerungen, oft kombiniert mit Zuckungen im Bereich des Gesichtes,
der Schultern und / oder der oberen Extremitäten.
Prinzipiell unterscheiden sich die generalisierten Formen lediglich dadurch, daß im
Verlauf der Erkrankung zunehmend mehrere Bereiche des Körpers betroffen werden.
Erbliche Formen der Dystonien finden sich bevorzugt unter den generalisierten
Formen.
Das Segawa-Syndrom beginnt in Kindheit und Jugend mit Gehschwierigkeiten und
erinnert im Verlauf oft stark an eine Spastik, so daß es wahrscheinlich zu selten
diagnostiziert wird. Besser als die anderen Dystonieformen reagiert es auf eine
Behandlung mit L-Dopa, was allein schon als diagnostisches Kriterium verwandt
werden kann.
Mit Hilfe von Schnittbilduntersuchungen des Gehirns wie der
(Computertomographie (CCT), besser noch der
Kernspintomographie (MRT)) wird untersucht, ob eine
Schädigung des Gehirns vorliegt, die Ursache der Dystonie sein kann. Beim
halbseitigen Gesichtskrampf (Hemispasmus facialis)
wird darüberhinaus untersucht, ob eine Irritation des Gesichtsnerven vorliegt.
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Unter der Vorstellung, daß der Erkrankung ein Ungleichgewicht chemischer Botenstoffe
im Gehirn zugrundeliegt, werden verschiedene Medikamente, die in den Stoffwechsel
der Botenstoffe eingreifen, eingesetzt.
Da es bei allen Formen der Dystonie zu Überaktivität verschiedener Muskelgruppen
kommt, konnte durch die gezielte Hemmung der Informationsübertragung vom Nerv auf
den entsprechenden Muskel im Bereich der
neuromuskulären Endplatte eine
gezielte leichte Lähmung betroffener Muskeln hervorgerufen werden.
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Gerade bei den schmerzhaften Dystonieformen wie dem Schiefhals stellt die
muskelrelaxierende Krankengymnastik eine entscheidende Unterstützung der
medikamentösen Therapie dar. Es scheint einen ergänzenden Effekt zu geben, wenn
bereits kurz nach der Gabe von Botulinumtoxin dioe Krankengymnastik fortgesetzt
wird.
Da die Ursache der oft tickartig anmutenden Dystonien lange Zeit "in der Psyche"
vermutet wurde, gibt es eine lange, z.T. für die Betroffenen sehr leidvolle
Geschichte der Psychotherapie bei Dystonie. Man muß heute wohl davon ausgehen, daß
eine Heilung dieser organischen Erkrankung mittels Psychotherapie nicht
möglich ist.
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Komplikationen der Dystonie sind im wesentlichen durch die Fehlstellungen
hervorgerufene Schädigungen der Gelenke.
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Für die Behandlung der Dystonie ist es im wesentlichen belanglos, ob es sich um
eine symptomatische Form z.B. nach Schlaganfall oder um eine idiopathische Form
(Ursache unbekannt) handelt.
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Bei den meisten Dystonien handelt es sich um idiopathische Erkrankungen, d.h. die
Ursache ist unbekannt.
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Fragen zum Thema Dystonie senden Sie bitte an meine
email -Adresse (Dr.Schwicking@t-online.de).
Formen
Blinzeltick (Blepharospasmus)
Schiefhals (Torticollis spasmodicus)
Mit der Zeit führen die Fehlstellungen zu schmerzhaften Verkrampfungen, so daß
nicht wenige der Betroffenen als ersten Arzt einen Orthopäden aufsuchen.
halbseitiger Gesichtskrampf (Hemispasmus facialis)
Schreibkrampf (Graphospasmus) / Musikerkrampf
Gilles de la Tourette-Syndrom
Die Lautäußerungen können an zwanghaftes Räuspern, Stöhnen erinnern, z.T.
klingen sie wie Hundebellen, mitunter werden gar kurze Wortfolgen - an Fluchen
erinnernd - zwanghaft ausgestoßen. Willkürlcih können diese Erscheinungen für
kurze Phasen unterdrückt werden, um gleich darauf, wie unter Druck stehend, verstärkt
in Erscheinung zu treten.
generalisierte Formen
Segawa-Syndrom
Untersuchung und Behandlung
Beim Schiefhals wird zusätzlich in konventionellen Röntgenuntersuchugen nach
Fehlbildungen oder Veränderunge der Halswirbelsäule gesucht.
In den meisten Fällen zeigen diese Untersuchungen jedoch keine Auffälligkeiten.
Mit einer speziellen Technik der Elektromyographie (EMG)kann die
Überaktivität bestimmter Muskeln nachgewiesen werden.
medikamentöse Behandlung
Botulinum-Toxin
Wenn es auf diese Weise gelingt, die "hauptschuldigen" Muskeln zu behandeln,
kommt es auch zu einer Entspannung in den nicht direkt behandelten Muskeln und
es kann eine deutliche klinische Besserung herbeigeführt werden, die meist so lange
anhält, wie der Körper braucht, um die injizierte Substnaz wieder abzubauen, ca.
4-8 Wochen. Danach ist eine erneute Injektion notwendig.
Aufgrund einer sorgfältiger Dosierung ist eine allgemeine Muskellähmung
praktisch ausgeschlossen, lediglich in der Anfangsphase treten gelegentlich
Schwächen in benachbarten Muskeln auf, was im Bereich der Augen zum Hängen des
Lides, am Hals zu Schluckstörungen und bei den Händen zu Lähmungen führen kann. Wie
die erwünschte Wirkung so sind auch diese unerwünschten Wirkungen längstens solange
vorhanden, bis der Körper das Medikament abgebaut hat.
Krankengymnastik
Psychotherapie
Gleichwohl hat die Psychotherapie ihren Stellenwert in der Dystonietherapie:
Durch Konfliktabbau und Entspannung können Heftigkeit und Häufigkeit des Auftretens
dystoner Symptome deutlich gemindert werden.
Komplikationen
Nicht direkt als Komplikation zu bezeichnen ist das Auftreten von Antikörpern
gegen Botulinumtoxin, womit der Körper das Toxin derart unschädlich macht, daß es
seine Wirkung verliert.
Differentialdiagnose
Lediglich ein Blepharospamus mit im Vordergrund
stehendem Schluß der Augenlider ist gelegentlich schlecht von einer
Myasthenia gravis abzugrenzen.
Ursachen
Zahlreiche Medikamente könne akut oder aber als Spätfolge eine Dystonie
auslösen, hier sind insbesondere Psychopharmaka (Neuroleptika), aber auch Mittel
gegen Übelkeit und Blutdruckmedikamente und viele andere zu nennen.
Deutlich seltener äußert sich eine lokale Gehirnerkrankung
(Schlaganfall,
Enzephalitis,
Gehirntumor) oder eine
beginnende Stoffwechselerkrankung des
Nervensystems in einer dystonen Symptomatik.
Ein Schiefhals tritt gelegentlich im Anschluß ab ein Trauma der
Halswirbelsäule auf, echte Zusammenhänge sind derzeit nicht eindeutig nachgewiesen.
Ein Hemispasmus fazialis tritt gelgentlich nach einer Schädigung oder bei einer
Irritation des Nervus fazialis auf und ist
nicht selten mit einer leichten
Gesichtsnervenlähmung vergesellschaftet.
Fragen
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